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Grenzzeichen

 

Metallkunstwerke

Aus Stacheldraht und Streckmetall fertigte der  Erfurter Künstler Helmut Griese  Kunstwerke, die an die Zeit der Teilung Deutschlands und der Grenze in Treffurt erinnern. Sie sind in der Bonifatiuskirche als Dauerausstellung zu betrachten.

1. Der Mensch als Zielscheibe im System

Das Metallbild wirkt wie ein Pappkamerad auf dem Schießplatz. Im Kopf ist etwas zu sehen, das an die Dornenkrone erinnert. Der Mensch ist gebunden in seiner Situation, er kommt nicht heraus und steht im Visier eines überwachenden Systems.

2. Rechtsbruch

In der DDR wurden elementare Menschenrechte gebrochen. Als Zeichen dafür sind die Tafeln mit den 10 Geboten zerbrochen. Es gab allerdings einen Bereich, in welchem noch ein kleiner Freiraum bestand und dies ist angedeutet mit den Kirchturmspitzen im Hintergrund.


3. Gefangen

In der Bildenden Kunst haben Metalle eine eigene Bedeutung. Kupfer steht für den Menschen, Silber für den Heiligen Geist, und Gold für Gott. Eingemauert eingesperrt wurden die Menschen in der DDR. Und die Hülsen aus Kupfer (Metallsymbolik "Mensch") zeigen, wie Menschen in dieser Situation lebten. Sie kamen dick oder nicht so dick heraus. Manche aber auch warf es zu Boden. Das goldene Dreieck oben (Metallsymbolik "Gott") allerdings drückt den Grenzzaun herunter. Dort ist der Weg in die Freiheit.

4. Nachdenken 


Anfang 1989 begannen Menschen über ihre Situation in der DDR immer stärker nachzudenken, Kritik zu üben, in Diskussion zu gehen. Als Zeichen dieser geistigen Bewegung steht das Buch (oder Fenster), die Buchstaben (Wellenlinien) und die Musik (Noten). Menschen lesen genauer, hören Musik wie zum Beispiel "The Wall" von Pink Floyd an der Berliner Mauer und etwas gerät in ihnen in Bewegung. Der Kreis ist zwar noch geschlossen, aber er zeigt auch eine beginnende drehende Bewegung.

5. Die Begeisterung 


In der Mitte ein Kreis aus silbernem Metall (Metallsymbolik "Heiliger Geist"). Darum Kupfer und "Gold". Die Menschen sind begeistert. Sie gehen auf die Straße und alles ist in Bewegung. Es ändert sich gesellschaftlich in Wochen soviel wie sonst in Jahren. Der Fisch als christliches Symbol steht in der Mitte. Menschen versammeln sich in den Kirchen zum Friedensgebet und gehen hinaus auf die Straßen zum Demonstrieren.

6. Die Öffnung



Die Mauer ist offen; das Siegeslamm schwingt die Fahne, aber es sind auch noch unten die Fußangeln zu sehen. Das Siegeslamm ist auch ein Opferlamm. Was kostet die deutsche Einheit für Opfer?

Gedanken zu den Metallbildern

Die Grenze 
28 Jahre, 3 Monate und 26 Tage bestimmte eine Grenze das Leben der kleinen Stadt Treffurt. Heute sagen viele, welche diese Zeit miterlebten: "Die Grenze war uns so lange vor Augen, bis wir sie nicht mehr gesehen haben". Menschen können leben, auch in der Beschneidung der Freiheit. Sie können sich eine Existenz aufbauen und in dem vorgesetzten Rahmen glücklich sein. Aber sie werden immer unnatürliche Grenzen überwinden wollen. Als die Partei- und Staatsführung den "antifaschistischen Schutzwall" - so die offizielle Bezeichnung der Grenze - sicherte, waltete deutsche Gründlichkeit. Jeder, der sich im Grenzgebiet aufhalten wollte, brauchte eine Genehmigung. 

Wenn Treffurter von ihren Erfahrungen mit dem Grenzgebiet erzählen, berichten sie von verschwundenen oder vergessenen Ausweisen. "Ohne Geld konntest du verreisen, irgend jemand hat dir immer was geborgt. Aber wehe du hattest deinen Ausweis nicht dabei". Ohne den richtigen Stempel im Ausweis, kam man nicht rein noch raus aus Treffurt. Und wollte ein Verwandter ins Grenzgebiet zu Besuch kommen, musste ein Antrag gestellt werden. Ohne Begründung hieß es dann "genehmigt" oder "nicht genehmigt".

Dieses System "staatssicherer" und auch gegenseitiger Beobachtung sollte vervollkommnet werden durch ausgeklügelte Grenzanlagen. Hierfür reichten nicht die  einheimischen Ressourcen. Der sonst verschmähte "Klassenfeind" lieferte besten rostfreien Edelstahl, als Streckmetall für den Grenzzaun. Als im Herbst 1989 durch die friedliche Revolution Mauern gesprengt wurden, konnten die Treffurter den Grenzzaun erstmals aus nächster Nähe betrachten. Auf erstaunliche Weise erfüllte sich nun das Motto der kirchlichen Friedensbewegung der 80er Jahre "Schwerter zu Pflugscharen". Geht man heute durch Treffurt, finden sich vielerorts Papierkörbe, Gartenzäune, Komposthaufen hergestellt aus dem hochwertigen Streckmetall der Grenze.
Auch die Metallbilder in der ev. Kirche von Treffurt wurden aus dem Material der Grenzanlagen gefertigt. Pfarrer Helmut Fuhrmann und der Künstler Helmut Griese wollten etwas tun gegen das Vergessen. So schnell wie sich Menschen an die Unfreiheit gewöhnen, genauso schnell nehmen sie die Freiheit als etwas Selbstverständliches hin. Diese sechs Kunstwerke, welchen ich die Überschrift "Grenzzeichen" geben möchte, beschreiben sehr gut, wie unsere Gegenwart an die Vergangenheit grenzt. Sie lassen sich auch als Meilensteine der Wende lesen. 

Noch ein Hinweis zum Betrachten: Kunst ist auch immer ein Vorgang im Inneren des Betrachters. Versuchen Sie Ihre eigene Sichtweise zu finden. Meine persönlichen Beschreibungen mögen Ihnen dabei helfen. Der Künstler selbst erklärte seine Werke noch anders in einer tieferen geistlichen Dimension.

Ein letztes bestehendes Zeichen der innerdeutschen Grenze ist das sogenannte „Blaue Wunder.“ Heute ist es eine Fußgängerbrücke über die Werra. In DDR-Zeiten aber befand sich hier der Rechen, welcher ein Durchschwimmen von Republikflüchtlingen verhindern sollte.